Von den Abenteuern eines Schweizer Campers in den sanitären Anlagen Frankreichs

— freddy —

 

Kurz nachdem wir die geliebte Schweiz verlassen haben (TCS Camping Sion) landeten wir im grenznahen ****Camping la Colombière in Neydens: Es sieht alles recht ordentlich und gepflegt aus. Am ersten Abend begebe ich mich zum ersten Mal in französische sanitäre Anlagen. Ich staune über das handwerkliche Geschick und die genialen Ideen, welche die Handwerker zum erreichen einer Tür-Schliessung und -Öffnung angewendet haben. Direkt nach dem Eingang befindet sich eine Türe auf der linken Seite. Vorsichtig öffne ich diese. Die Türe lässt sich öffnen. Sie ist jetzt offen, aber vor meinen Augen befindet sich eine Kette. Nanu, denke ich mir, sind die Pissoirs etwa gesperrt? Es sieht zwar offen aus, es ist auch nichts angeschrieben und in den Schüsseln befindet sich Wasser. Zögernd trete ich heran und brünzle. Während ich mich erleichtere, denke ich jedoch ununterbrochen über diese interessante Konstruktion nach.“Was will uns der Künstler damit sagen?“ Sollte es einfach zum Nachdenken anregen? Ich schüttle ab und verlasse den Raum wieder unter der Kette hindurch. Neben den Pissoirs befinden sich ca. fünf weitere Türen und auf der Gegenseite auch. Wobei jede zweite Türe mit einem Schildchen mit der Aufschrift „fermé“ versehen ist. Ich öffne die Türe neben den Pissoirs, sie öffnet sich nach aussen links. Hier befindet sich eine Campingdusche. Ich schliesse die Türe wieder. Ich öffne erneut die Pissoir-Türe, jene mit der Kette. Sie öffnet nach aussen rechts. Ich mache einen Schritt nach rechts, öffne die Duschtüre erneut und: Voilà! Des Rätsels Lösung. Die Kette dient der Verhinderung des Zusammenklatschens der beiden Türen. Nicht unbedingt schön aber zielführend. 

 

Tags darauf musste ich zwecks grossem Geschäft erneut diesen interessanten Ort aufsuchen: Ich wähle eine Toilette aus, welche nicht mit einem „fermé“-Schildchen versehen ist. Ich öffne die Tür, trete ein und will sogleich abschliessen. Es ist eine dieser Türen mit Drehknopf, bei welcher nach ca. zweimaligem Umdrehen ein Schliesskolben in das Schliessblech hineinfährt und die Türe so von innen her verriegelt. Doch ich schaffe es nicht auf Anhieb. Etwas klemmt. Bei näherem hinsehen erkenne ich, dass sich der Bolzen bedeutend tiefer befindet als das Schliessblech. Also hebe ich mit einem Fuss die Türe nach oben, mit der einen Hand ziehe ich sie von oben her zu mir und mit der anderen drehe ich den Knopf. Ein kurzes metallenes Quietschen ertönt. Geschafft! Während ich so auf meinem Thron sitze, denke ich darüber nach, ob sich diese Türe je wieder öffnen lässt. Ich kann nicht anders, als auf dieses Schliessblech zu schauen und mich wieder zu fragen: „Was will uns der Künstler damit sagen?“ Denn oberhalb des Schliesskolbens befindet sich jetzt ca. 2 cm Leerraum, während er unterhalb sauber aufliegt. Ich beginne mit den Gedanken etwas abzuschweifen. „Was werden wir wohl noch so alles entdecken? Würde ich vielleicht schon übermorgen froh sein, auf ein stilles Örtchen wie dieses zu treffen? Wo komm ich her, wo will ich hin? …“

 

Das Schneckenhaus zieht weiter

Die Reise ging weiter in Richtung Landesinnere. Unser nächster Campingplatz mit sanitären Anlagen befand sich in Tournon-sur-Rhône. Es war schon kurz vor 19 Uhr, als wir ankamen. Wir erhielten Einlass und ergatterten einen tollen Platz direkt an der Rhône. In ca. sechs Metern Entfernung fuhren über 100 Meter lange Passagierschiffe an uns vorbei oder legten direkt vor uns an. Ein wundervoller Platz! Wir blieben mehrere Tage, assen und tranken sehr gut. Doch irgendwann muss man halt wieder.

So verabschiedete ich mich von Frau und Kindern und zog mit möglichst wenig Kleidung davon: Kurze weite Trainerhosen, ein Handtuch und ein Shampoo. Als erstes suche ich mir eine Toilette. Die erste Türe lässt sich wunderbar öffnen. Doch dahinter verbirgt sich etwas, das früher mal weiss war. Es handelt sich um eine Porzellanschüssel. Eine, auf die man sich setzen könnte, sofern man das denn wollen täte. Ich will es nicht. Es muss doch noch etwas anderes geben. So öffne ich weitere Türen. Hinter denen befinden sich jedoch nur Stehklos. Das sind diese Porzellanflächen, bei denen zwei Schuhabdrücke ersichtlich sind, auf die man draufzustehen hat, danach beugt man sich nach unten über ein grosses Loch im Boden und „pflutsch“… Eine scheiss unbequeme Stellung! Konnte ich doch zu Hause eine halbe Stunde hocken bleiben und dabei die „Wochenpost“ lesen, will ich hier nur möglichst schnell wieder raus! Nach Beendigung frage ich mich, ob es wohl besser wäre, den Raum zum Spülen zu verlassen. Ich denke ja. Oh nein. Die Türe öffnet sich nach innen… wie komme ich jetzt mit meinen Flipflops wieder aus dieser  „Toilette“ raus, ohne in Hinterlassenschaften meiner Vorgänger zu treten? Ich strecke einen Fuss zur Seite aus, fasse mit einer Hand die Türe an und öffne diese in der Hoffnung, dass ich jetzt bloss nicht das Gleichgewicht verliere. Die Türe ist offen. Jetzt muss ich nur noch irgendwie den Rest meines Körpers auf die andere Seite schwingen… Diese unbequeme Stellung hat meinen Muskeln zugesetzt. Ich habe weiche Oberschenkel. Doch es geht alles gut, beide Flipflops sind noch dran, ich befinde mich nun draussen und bin bereit, den Abzug, äh, die Kette für die Spülung zu ziehen. Ein tosendes Geräusch ertönt drei- bis viermal und gleichzeitig hört man den Ablauf gurgeln. Dann ist der Spuk vorbei. Fürs erste jedenfalls. Ein kurzer Blick zurück, alles weg, alles weiss - sehr gut! Ich begebe mich zu den Duschen. Es befinden sich drei fast identische Duschen nebeneinander. FAST identisch. Nur der Verschmutzungs- und Haarbefall-Grad unterscheidet sie voneinander.

 

Zum Glück bin ich alleine hier und habe die Wahl.

 

Ich entschliesse mich für Nummer Eins. Ich suche einen Platz für mein Handtuch. Über die Türe zu hängen ist nicht unbedingt ratsam wegen dem Staub, auf die Bank vor der Dusche auch nicht, über den Türgriff? Ach lassen wir das! Ich lege es ins Körbchen an der Wand über der Bank.

Meine Flipflops deponiere ich vor der Dusche, damit ich mir nur noch die Flossen abspülen muss und schnell auf sauberen Untergrund gelange.

Gleich kann’s losgehen. Ich stelle mich unter die Dusche, will mich gerade von meiner Brille trennen, da krabbelt ein grosses Exemplar einer schwarzbraunen französischen Hausspinne den Abfluss hoch und die Mauer empor! Ich habe keine Spinnenphobie. Aber freiwillig mit so einem Ding duschen? Nein danke. Ich spüle mir schnell die Füsse ab, springe in meine Schuhe, sammle meine mühevoll aufgehängten Sachen zusammen und raus! In die Dusche Nummer Zwei. Hier hat’s Haare. Immerhin keine Spinnen. Es wird wieder alles aufgehängt und vorbereitet. Jetzt begebe ich mich unter die Dusche. Der Strahl gefällt mir. Es kommt genügend Wasser mit ausreichend Wärme. Herrlich! Gerade will ich meine Haarpracht schamponieren, als ich etwas Unangenehmes um meine Füsse herum spüre. Dieser Ablauf ist verstopft! Nun stehe ich in einer Kloake aus Haaren und anderen spannenden Hinterlassenschaften. Angeekelt und walliserdeutsch fluchend verlasse ich auch diesen Raum fluchtartig. Nun stehe ich in Dusche Nummer Drei. Es ist wieder alles fein säuberlich aufgehängt. Das Wasser ist warm, die Haare am Boden habe ich vor dem Betreten bereits hinuntergespült und mich dabei vergewissert, dass der Ablauf auch wirklich nicht verstopft ist. Insekten sehe ich auch keine. Ich geniesse meine warme Dusche. Die erste seit zwei Tagen. Und überlege mir gleichzeitig, was sich momentan alles unter mir befindet, das man von blossem Auge nicht sehen kann. Ich trockne mich vorsichtig ab, ohne dass mein Tuch die Wände oder sogar den Boden berührt. Ich spüle meine Füsse vorsichtig ab und steige in einen Schuh nach dem Anderen. In solchen Momenten bedaure ich am meisten, dass ich nicht schweben kann. 

 

Doch nun genug von meinen haarsträubenden Erlebnissen! Und übrigens: Meine Frau und unsere Kinder bevorzugen für solche Prozesse unser sauberes Wohnmobil. Und wenn es auch mal nicht so sauber sein sollte, so handelt es sich wenigstens um den eigenen Dreck!